Deutschland
Im Überblick
Von den knapp 700 in Europa vorkommenden Arten finden sich knapp 70 Arten auch in Deutschland. Eine Reihe von Arten sind relativ häufig und unkompliziert und können teils auch an Straßenränder, auf Friedhöfen, in Parks und in Gärten gefunden werden. Für den botanischen Laien sind diese unscheinbaren Arten meist jedoch kaum als Orchideen zu erkennen. Die überwiegende Zahl der heimischen Orchideen sind jedoch selten bis sehr selten und teils vom Aussterben bedroht. Von mehreren Arten sind nur noch wenige dutzende Standorte, die oft auch noch ziemlich individuenarm sind, bekannt. Vor allem für die meisten der attraktiveren Arten trifft dies zu.
Nur ganz wenige Arten sind mehr oder minder gleichmäßig in Deutschland verbreitet, die meisten Arten findet sich gehäuft in einer oder wenigen Regionen Deutschlands. Auf dieser Seite stelle ich Ihnen einige hinsichtlich heimischer Orchideen sehr interessante Regionen vor, die eine Vielzahl an Arten beherbergen.
Kaiserstuhl und entlang des Oberrheins
Der Kaiserstuhl als alter, erloschener Vulkan ist eine ganz besonders wertvolle Region. Sehr wärmebegünstigt im Rheingraben wachsen auf ihm und in seiner Umgebung viele xerotherme Pflanzen. Oft trifft man auf Trockenrasen, wie zum Beispiel auf dem Badberg, mit einer bemerkenswerten Flora. Hier finden sich eine Reihe seltener Orchideenarten. Meist handelt es sich um Arten mit mediterranem Verbreitungsschwerpunkt, die Deutschland oft nur in dieser südwestlichen Region erreichen. Das Affenknabenkraut (Orchis simia) sowie der Violette Dingel (Limodorum abortivum), eine sehr seltene Art, von der es Schätzungen zufolge in Deutschland etwa nur 500 Pflanzen geben soll, finden sich nahezu nur entlang des Rheins. Andere Arten wie der Ohnsporn (Aceras anthropophorum) und die Kleine Spinnenragwurz (Ophrys araneola) lassen sich auch noch in anderen warmen Regionen Deutschlands antreffen. Vor allem die mediterrane Pyramidenhundswurz (Anacamptis pyramidalis) und die Bocksriemenzunge (Himantoglossum hircinum) zeigen die letzten Jahre bis Jahrzehnte eine zunehmende Verbreitung nach Osten. Ob dies ein Zeichen der kontrovers diskutierten Klimaerwärmung ist, mag hier dahingestellt sein. Auffallend ist jedoch deren zunehmende Verbreitung entgegen des allgemeinen Trends bei heimischen Orchideen.
Lechtalheiden
Die Brennen und Heiden entlang des Lechs sind ausgesprochen interessante Biotope, so dass ich an anderer Stelle ausführlich auf diese besonderen Pflanzengemeinschaften eingehe. Die Lechtalheiden sind überwiegend von Halbtrockenrasen und Trockenrasen bewachsen, so dass sich überwiegend auch die entsprechenden Orchideenarten auf den Lechtalheiden finden. Meistens beinhalten die Heiden jedoch auch wechselfeuchte oder stets feuchte Areale, die sich nicht selten mosaikartig nebeneinader befinden. Insgesamt weisen die Lechtalheiden eine ausgesprochen vielseitige Flora auf und sind Lebensraum zahlreicher sehr seltener Arten. Dies betrifft übrigens nicht nur die Pflanzenfamilie der Orchideen. Neben den typischen Halbtrockenrasenbewohner wie Gymnadenia conopsea, Herminium monorchis, Listera ovata, Ophrys apifera, Ophrys fuciflora, Ophrys insectifera, Ophrys sphegodes, Orchis militaris, Orchis morio, Platanthera bifolia und Spiranthes spiralis, findet sich in eher feuchten Bereichen auch Epipactis palustris. Eine Besonderheit stellt das Wanzenknabenkraut (Orchis coriophora) dar, das in Bayern nur noch an zirka 30 Standorten vorkommt. Bei vielen dieser Standorte handelt es sich um Brennen und Heiden im Bereich des Lechtals. Leider sind es aber oft relativ individuenarme Standorte, so dass das Wanzenknabenkraut in Deutschland akut vom Aussterben bedroht ist.
Moore im bayrischen Alpenvorland & Alpen
Die Moore im süddeutschen Raum beherbergen nicht nur eine interessante Orchideenfülle, sondern auch eine ansonsten sehr interessante Flora. So sind sie auch Refugium mehrerer fleischfressender Pflanzen. In den kalkreichen Flachmooren findet sich vor allem das Gewöhnliche Fettkraut (Pinguicula vulgaris), teilweise auch der aquatisch lebende Wasserschlauch (Utricularia australia, Utricularia vulgaris), direkt in Alpennähe auch das Alpen-Fettkraut (Pinguicula alpina). Die drei in Deutschland heimischen Sonnentauarten, nämlich Drosera rotundifolia, Drosera intermedia und Drosera anglica bewohnen hingegen eher die Zwischenmoore und Hochmoore. Hier finden sich selten auch weitere Wasserschlaucharten wie Utricularia intermedia. Die Orchideen bewohnen überwiegend die häufigeren Flachmoore. Hier finden sich die feuchtigkeitsliebenden Knabenkräuter wie Dactylorhiza incarnata, Dactylorhiza majalis, Dactylorhiza ochroleuca und Dactylorhiza traunsteineri, teilweise auch Dactylorhiza fuchsii. Daneben sind sie Lebensraum der Sumpfstendelwurz (Epipactis palustris), der Händelwurze (vor allem Gymnadenia conopsea var. densiflora und Gymnadenia odoratissima), des Einblatts (Malaxis monophyllos) sowie der Einknolle (Herminium monorchis). Teilweise lassen sich im Flachmoor auch das Zweiblatt (Listera cordata und Listera ovata) und das Helmknabenkraut (Orchis militaris) antreffen. Einige Vertreter der Flachmoore kommen auch im Zwischenmoorbereich vor, klassische Orchideen hier sind jedoch im wesentlichen das Glanzkraut (Liparis loeselii), das Sumpfknabenkraut (Orchis palustris) und die Sommerdrehwurz (Spiranthes aestivalis). Einziger typischer Bewohner der Hochmoore ist in Süddeutschland der Sumpfweichstendel (Hammarbya paludosa), der im Torfmoos (Sphagnum spec.) oft mit Sonnentauarten (Drosera spec.) vergesellschaftet wächst.
Schwäbische Alb & Nördlinger Ries
Die Schwäbische Alb weist zwei verschiedene Biotopstypen auf. Einerseits die Wacholderheiden, meist Halbtrockenrasen mit dem Gewöhnlichen Wacholder (Juniperus communis) als Charakterpflanze, andererseits die auf kalkhaltigem Untergrund stehenden Wälder. Überwiegend handelt es sich bei diesen um Buchenwälder, daneben finden sich aber auch Mischwälder und reine Fichtenwälder, sowie Kiefernwälder meist am Rande von Wacholderheiden. Zu Wacholderheiden finden Sie schon an anderer Stelle weiterführende Informationen, so dass ich mich hier auf die typischen Orchideen beschränke. Wacholderheiden sind meist artenreiche Lebensräume. Sehr oft lassen sich das Fuchs-Knabenkraut (Dactylorhiza fuchsii), die Mückenhändelwurz (Gymnadenia conopsea), das Große Zweiblatt (Listera ovata), die Fliegenragwurz (Ophrys insectifera), das Stattliche Knabenkraut (Orchis mascula), das Helmknabenkraut (Orchis militaris) sowie die Zweiblättrige Waldhyazinthe (Platanthera bifolia) antreffen. Seltener sind die Pyramidenhundswurz (Anacamptis pyramidalis), die Wohlriechende Händelwurz (Gymnadenia odoratissima), die Bienenragwurz (Ophrys apifera), die Spinnenragwurz (Ophrys sphegodes), das Kleine Knabenkraut (Orchis morio) sowie das Bleiche Knabenkraut (Orchis pallens). Nur an wenigen Standorten findet man den Ohnsporn (Aceras anthropophorum), die Grüne Hohlzunge (Coeloglossum viride), die Einknolle (Herminium monorchis), die Kleine Spinnenragwurz (Ophrys araneola) sowie die Herbstdrehwurz (Spiranthes spiralis).
Häufige Arten der Buchenwälder sind die verschiedenen Waldvögelein- (Cephalanthera) und Stendelwurz-Arten (Epipactis), die merkwürdig gummiartige Vogelnestwurz (Neottia nidus-avis) sowie die Grünliche Waldhyazinthe (Platanthera chlorantha). Seltener finden sich der prächtige Europäische Frauenschuh (Cypripedium calceolus) und das Purpurknabenkraut (Orchis purpurea) in lichten Laubwälder, das Kriechende Netzblatt (Goodyera repens) meist in Kiefernwälder sowie die Korallenwurz (Corallorhiza trifida) in schattigen Fichtenwälder. Eine Rarität und meist nur in Einzelexemplaren auftretend ist der Blattlose Widerbart (Epipogium aphyllum).