Frauenschuh (Cypripedium)
Im Überblick
Die Gattung Cypripdium ist mit etwa 50 Arten auf der gesamten nördlichen Hemisphäre verbreitet. In Zentraleuropa kommt nur eine Art vor, nämlich der Europäische Frauenschuh (Cypripedium calceolus). Bei ihm handelt es sich zweifelsohne um die prächtigste und auffallendste europäische Orchidee. In Süddeutschland ist diese Art gar nicht einmal so selten, geht aber in ihrem Bestand zurück. Zudem findet man meist nur kleinere Grüppchen diese Art, nur sehr selten größere Bestände. Die Art kommt überwiegend in Laubwäldern vor, zeigt sich aber auch manchmal in Nadelwäldern. Bezüglich des Lichtregimes ist der Europäische Frauenschuh verhältnismäßig anspruchsvoll. Vollsonnige Standorte verträgt die Art nicht, sie wächst eher im lichten Wald, auf Lichtungen oder am Waldrand. Allerdings werden ebenso wie vollsonnige Lagen vollschattige Lagen gemieden. Die Standorte sind pflegebedürftig und brauchen hinsichtlich des Lichtregimes viel Erfahrung. Erfolgt die Freistellung der Pflanzen zu spät, kann eine Population ebenso vernichtet werden, wie wenn die Freistellung zu radikal erfolgt.
Im äußersten Osteuropa kommen zwei weitere Frauenschuh-Arten vor, nämlich der Gesprenkelte Frauenschuh (Cypripedium guttatum) und der Großblütige Frauenschuh (Cypripedium macranthos).
Der Europäische Frauenschuh (Cypripedium calceolus) ist zur Orchidee des Jahres gewählt worden.
Blütendetails zur Illustration der Bestäubungsphysiologie
Gynostenium mit Narbe und Staubbeutel.
Transparente Fenster als Richtungszeiger.
Die 2 Ausgänge an der Lippenbasis.
Die Bestäubungsphysiologie ist wie bei den Ragwurzen äußerst interessant. Frauenschuhe weisen drei Staubblätter auf. Die seitlichen Staubblätter weisen je einen Staubbeutel auf, der im Gegensatz zu den meisten anderen europäischen Orchideen nicht zu einem Pollinium verklebten Pollen aufweist, sondern diesen vielmehr als schmierige Masse produziert. Das dritte Staubblatt befindet sich als steriles Staminodium in der Lippenmitte (die gefurchte, weiße Struktur mit den roten Punkten). Direkt unter dem Staminodium befindet sich die grüne Narbe. Beim Frauenschuh handelt es sich um eine Kesselfalle, die Bestäubung erfolgt hauptsächlich durch Sandbienen. Sind diese erst einmal in die Lippe hineingeraten, so stecken sie zunächst in der Falle. Die Lippeninnenfläche ist glatt, ausgenommen hiervon ist ein behaarter Streifen vom Lippenboden nach hinten zur Lippenbasis, der quasi als Fluchtweg dient. Als ‚Notausgang-Zeichen‘ dienen die transparenten Fenster im hinteren Teil der Lippe, welche die Insekten anlocken. Auf seinem Weg in die Freiheit muss sich das Insekt zunächst unter die nach unten gerichtete Narbe hindurchzwängen. Dabei überträgt es eventuell auf dem Rücken vorhanden Pollen und befruchtet somit die Blüte. Danach zweigt sich der Fluchtweg links und rechts des Gynosteniums auf. Hier befinden sich die Staubbeutel, die nun dem Insekt neuen Pollen auf den Rücken schmieren. Durch diesen räumlichen Bau verhindert die Blüte die Befruchtung mit eigenem Pollen.
Cypripedium calceolus
Cypripedium calceolus var. citrina
Sehr selten lassen sich die sehr hellblütige Einzelpflanzen des Europäischen Frauenschuhs (Cypripedium calceolus) finden. Bei diesen sind die Sepalen grün bis gelblich. Ursächlich ist eine Störung in der Produktion von Anthocyanen, die Blüten rot oder blau färben. Beim Frauenschuh handelt es sich um Cyanidin-3-glucosid (Chrysanthemin). Bei einer Störung der Synthese dieses Blütenfarbstoffes dominieren die noch produzierten Carotinoide und das Chlorophyll die Blütenfärbung.