Weidenpavillon
Im Überblick
Lebende Bauwerke aus Weiden erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Ein Grund hierfür ist, dass der Phantasie und gestalterischen Freiheit kaum Grenzen gesetzt sind. Die Einsatzmöglichkeiten von Weiden als Baumaterial reichen von sehr kleinen Bauwerken wie ‚lebende‘ Zäune, Labyrinthe und Lauben bis zu sehr großen und komplexen Bauwerken wie die ‚Weidenkirche Pappenheim‘ oder der ‚Weidenpalast Auerworld‘. Daneben ist die technische Umsetzung nicht besonders schwer.
Inspiriert durch den Weidenpalast Auerworld kam ich auf die Idee, auch in meinem Garten ein kleines lebendes Bauwerk zu errichten. Dabei sollte das Bauwerk auch einen gewissen Nutzwert aufweisen, so dass wir uns für den Bau eines schattenspenden Weidenpavillons entschieden haben.
Projekt
Anleitung zum Bau eines Weidenbauwerks
Weidenstecklinge lassen sich relativ einfach bewurzeln. Für den Bau werden im zeitigen Frühjahr – noch bevor die Weiden beginnen auszutreiben – ca. 2 m lange Weidenruten geschnitten und anschließend etwa 30 cm tief in die Erde gesteckt. Schließlich wird aus den Ruten das Bauwerk geformt, indem die Weidenruten entsprechend zusammengebunden oder ineinander verflochten werden.
In Abhängigkeit der Komplexität des Bauwerks und der zu erwartenden Stabilität werden zusätzlich Stützbalken und Halteseile verarbeitet. Sobald das Bauwerk eine ausreichende Eigenstabilität erlangt hat, können diese wieder entfernt werden.
Nun ist ein wenig Geduld gefragt. Es ist wichtig, die Stecklinge regelmäßig zu bewässern. Innerhalb weniger Wochen bilden die Stecklinge Wurzeln und beginnen mit dem Blattaustrieb. Bei optimalen Bedingungen haben die Neuaustriebe im Spätsommer eine Länge von über 50 cm erreicht und können bei Bedarf mit eingeflochten oder zusammengebunden werden. Störende Zweige können problemlos entfernt werden.
Im Herbst werden schließlich abgestorbene Ruten entfernt und die Stabilität des Bauwerks überprüft. Diese lässt sich bei Bedarf durch das Einbringen von Querverstrebungen oder Halteseilen verbessern.
Konstruktion unseres Weidenpavillons
Als Grundriss haben wir ein gleichseitiges Sechseck mit einer Kantenlänge von 2 m gewählt. Rechnerisch ergibt sich somit eine Grundfläche von knapp 7 m². Entsprechend haben wir zunächst den Mittelpunkt festgelegt und einen Kreis mit einem Radius von 2 m um diesen gezogen. Auf diesem Kreis wurden dann die sechs Ecken markiert. In jede Ecke setzten wir anschließend einen Standpfosten von etwa 1,80 m Höhe bestehend aus mehreren Weidenruten. Die Standposten haben wir anschließend durch einen Halbbogen mit den zwei jeweils benachbarten Standpfosten verbunden.
Um die Dachkonstruktion die nächsten Jahre zu stabilisieren, haben wir als nächstes in den Mittelpunkt des Sechsecks einen Stützpfosten gesetzt, der im Verlauf wieder entfernt werden soll.
Ausgehend von den Standposten läuft nun je eine leicht s-förmig gebogene Dachstrebe zum Stützpfosten in der Mitte und liegt auf diesem auf. Die Dachstreben sind wiederum mit einer Querstreben mit den zwei jeweils benachbarten Dachstreben verbunden.
Nachdem der Dachstuhl komplett bewachsen ist, sollen seitlich austreibende Äste mit den Ästen der benachbarten Dachstrebe gitterförmig miteinander verwoben werden und somit die Dachfläche für eine diffuse Beschattung ausbilden.
Aufgrund der schönen gelben Rinde von jungen Ästen haben wir uns für Ruten der Dotterweide (Salix alba var. vitellina) aus Baumaterial entschieden.
Entwicklung
2015 – 2019
Aufgrund der Wahl von Dotterweideruten war es schwierig ausreichend Baumaterial zu beschaffen. Daher mussten wir teilweise recht dünne Ruten für die Standpfosten verwenden. Zudem war es uns nicht möglich, Ruten von einer Länge über 2 m zu beschaffen. Die Dachkonstruktion haben wir teilweise aus anderen Gehölzen errichtet.
Später stellten sich die Improvisationen aufgrund Materialmangels als Fehler heraus. Zuverlässig angewurzelt sind trotz reichlicher Wässerung im ersten Jahr nur Ruten von mindestens 1 – 1,5 cm Durchmesser.
Die folgenden Jahre waren relativ warm und trocken, so dass einige dünnere, jedoch bereits bewurzelte Stecklinge eingegangen sind. Entsprechend mussten 2017 drei Standposten neu gesetzt werden. Die Weidenruten der anderen drei Pfosten zeigten ab 2017 hingegen ein gutes Wachstum, so dass die Querbögen und die Dachstreben zunehmend mit Neutrieben begrünt werden konnten. Aufgrund des relativ zögerlichen Anwachsens der Ruten in den ersten Jahren trocknete der Dachstuhl aber aus und wurde morsch, so dass wir diesen mehrmals verstärken mussten.
Sollten wir nochmals ein Weidenbauwerk errichten, so werden wir künftig folgende Punkte verstärkt beachten:
- Je dicker, desto besser. Geeignete Weidenruten sollten mindestens 2 cm im Durchmesser haben.
- Zweizeitiges Vorgehen. Sollten die Ruten keine ausreichende Länge vom Boden bis in die Dachkonstruktion aufweisen, so empfiehlt sich der Verzicht auf ein ‚Hilfskonstrukt‘ bestehend aus trockenen Zweigen, da dieses innerhalb weniger Jahre massiv an Stabilität einbüßt. Sobald die Ruten gut angewurzelt sind und kräftig austreiben, wird das ‚Erdgeschoss‘ fertig geformt und anschließend der ‚Dachstuhl‘ aufgesetzt, so dass dieser auch zügig von frischen Trieben umrankt werden kann und somit seine Stabilität bewahrt.