Kannenpflanze (Nepenthes)
Im Überblick
Die Gattung Nepenthes umfasst etwa 90 Arten, wovon die meisten in Südostasien vorkommen. Zwei Arten finden sich auf Madagaskar, eine in Nordaustralien, daneben gibt es isoliertere Vorkommen in Indien und Sri Lanka. Evolutionsbiologisch handelt es sich bei den Kannepflanzen mit etwa 20 – 30 Millionen Jahren alten fossilen Funden um eine relativ alte Gattung. Unter den fleischfressenden Pflanzen ist es die einzige diozösische Gattung.
Prinzipiell können die Kannenpflanzen in zwei großer Gruppen unterschieden werden, was vor allem entscheidende Bedeutung für deren Kultur hat. Einerseits existieren Tiefland-Nepenthes, die unter 1000 m Höhe vorkommen und komplett warm und luftfeucht stehen möchten. Andererseits existieren Hochland-Nepenthes, die jenseits 1000 m Höhe wachsen. Diese Arten benötigen eine Nachtabsenkung der Temperaturen.
Die überwiegende Zahl der Kannenpflanzen wächst terrestrisch, nur wenige epiphytisch. Zunächst wird ein Rosette mit Bodenkannen gebildet. Im Alter bildet die Pflanze eine lianenartige Ranke aus. Dabei wird der Internodienabstand größer. Viele Arten bilden nun Hochkannen, die teils sich deutlich von den Bodenkannen unterscheiden. Botanisch gesehen handelt es sich bei den bedeckelten Kannen um umgewandelte Blätter, die vermeintlichen Blätter der Kannenpflanzen gehören zu dem eigentlichen Blattstiel. Die Kannen wachsen zunächst geschlossen als Blase heran, sobald sich der Deckel öffnet, ist die Kanne weitestgehend ausgewachsen und bereits mit enzymreicher Flüssigkeit gefüllt. Der Deckel ist nach der Öffnung unbeweglich. Die Kannengröße liegt je nach Art zwischen 3 – 50 cm.
Fallenmechanismus
Der prinzipielle Fallenmechanismus wurde bereits auf der vorherigen Seite ausführlich beschrieben. Der Blattstiel mit der Verbreiterung im Sinne eines Blattes geht in eine Ranke über, an deren vorderem Ende sich die Kanne entwickelt. Diese entwickelt sich zunächst als geschlossene Blase. Kurz bevor sich der Deckel öffnet, ist die Kanne bereits mit Flüssigkeit und Enzymen gefüllt. Der Deckel ist nach der Öffnung unbeweglich, die Insekten werden durch eine Nektarproduktion im Bereich der Deckelunterseite und im Bereich des Peristoms angelockt. Dieses ist glatt und hängt nach innen oft deutlich als Kragen über. Das Falleninnere ist durch eine glatte Wachsschicht überzogen. Die Insekten stürzen vom glatten Peristom ab und ertrinken in der Kannenflüssigkeit. Das Entkommen wird durch die Wachsschicht sowie dem überhängenden Peristom verhindert.
Kultur und Vermehrung
Die Kannenpflanzen sind keine Anfängerpflanzen. Als Regenwaldbewohner wünschen alle Arten eine hohe Luftfeuchtigkeit (mind. > 75%) sowie viel Licht. Tiefland-Nepenthes wünschen ganzjährig tagsüber Temperaturen zwischen 25 – 35 °C. Nachts sollten die Temperaturen nicht unter 20 °C fallen. Die Hochland-Nepenthes wünschen hingegen geringere Temperaturen mit einer deutlichen Nachtabsenkung. Tagsüber sollten die Temperaturen nicht über 25 °C und nachts nicht über 16 °C liegen. Kannenpflanzen können daher eigentlich nur unter Glas auf Dauer erfolgreich kultiviert werden. Da Kannenpflanzen ein auf Staunässe empfindliches Wurzelsystem besitzen, sollte das Substrat zwar ständig feucht gehalten werden, aber nie richtig nass. Eine Anstaubewässerung ist somit ungeeignet. Das Substrat muss luft- und wasserdurchlässig sein. Es empfiehlt sich eine lockere Mischung, die zum Beispiel aus Weißtorf, Quarzsand, Seramis, Rindenstücke, Perlite, Styroporflocken oder Sphagnum zusammengemischt werden kann.
Die generative Vermehrung ist schwierig. Samen sind nur selten zu bekommen und nur kurz keimfähig. Besser ist die Vermehrung mittels Kopfstecklingen. Diese bewurzeln unter hoher Luftfeuchtigkeit und bei gleichmäßig feuchtem Substrat relativ zügig.
Gründe für eine ausbleibende Kannenbildung
1. Zu niedrige Luftfeuchtigkeit: Unterste Grenze bei fast allen Arten ist eine Luftfeuchtigkeit konstant > 75%. Nur einige Hybriden produzieren auch bei niedrigeren Werten regelmäßig Kannen.
2. Zu wenig Licht: Kannenpflanzen wollen einen hellen Standort ohne direkte Sonneneinstrahlung. Bei zu wenig Licht werden keine Kannen gebildet.
3. Fehlender Kontaktreiz: Manche Arten produzieren nur bei einem Kontaktreiz der Ranke Kannen. Diese Arten benötigen ein Klettergerüst. Nur wenn sich die Ranke irgendwo anlehnen kann, wird auch eine Kanne produziert.